Camerata academica Freiburg
Lebendige, junge Klassik
Sie gehört zu den ambitioniertesten Laienorchestern Freiburgs: die 1997 gegründete Camerata academica. Das zeigt auch das Programm des jüngsten Konzerts: Mozart, Schostakowitsch, Beethoven. Ihre Musik erlebte einen spannenden Abend.
Beethovens Zeitgenossen fanden sie zum Teil "entsetzlich lang", seine Sinfonie Nr. 3 "Eroica", die der Meister "in einem ganz andern Styl geschrieben" hatte. Was war dieses "Andere"? Die Interpretation durch die Freiburger Camerata academica lässt es erahnen: Es waren nicht nur die für eine Sinfonie um 1800 gewaltigen Längen – es war ihre ungemeine, für die damalige Zeit geradezu erschreckende Subjektivität, ihr bis zur Selbstentäußerung reichendes Aufschreien. Das aus Studierenden und ambitionierten, semiprofessionellen Laien bestehende Kammerorchester trifft diesen Nerv der Musik besonders gut. Dirigent Manuel Nawri entlockt seinen Musikern ein hohes Maß an Gestaltungswillen, und das zeitigt zum Teil verblüffende Ergebnisse. Die beiden Ecksätze erklingen expressiv, dynamisch sorgfältig ausgearbeitet, vor allem mit Beethoven’scher Leidenschaft. Schwieriger wird’s beim Trauermarsch, wo der interpretatorische Überschwang dem Auskosten von Zeit im Wege steht: Größere Zäsuren, mehr Gewicht auf den zeremoniellen Charakter dieser auch heute noch außergewöhnlichen Musik wären da wünschenswert gewesen.
Doch das Orchester nimmt an diesem Abend im voll besetzten Theodor-Egel-Saal auch durch andere Tugenden für sich ein. Etwa zu Beginn, mit Mozarts "Idomeneo"-Ouvertüre, die Nawris dirigat sehr transparent macht, und bei der die über weite Strecken sehr gute Intonation des Klangkörpers besonders auffällt. Das gilt auch für Mozarts Konzert-Rondo D-Dur KV 382, dem nur gegen Ende im 3/8-Takt-Allegro etwas die Luft auszugehen scheint. Technisch brillant, filigran phrasierend und in makelloser Artikulation gestaltet Michael Poliatskin den Klaviersolopart. Das gilt mindestens ebenso für Schostakowitschs Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester, wo der Pianist die grotesken Übertreibungen und Verzerrungen der Musik mit beispielloser Nonchalance zelebriert. Frieder Reichs virtuoses, bemerkenswert plastisches Trompetenspiel ist die ideale Ergänzung dazu, und auch das Orchester hält ordentlich Schritt, zum Beispiel beim rasanten, gänzlich ins Fratzenhafte gewandten Finale. Ein Abend, der nicht zuletzt zeigt, wie lebendig und jung Klassik jenseits des üblichen Reproduktionsbetriebs sein kann – oder einfacher gesagt: Das war erfrischend!
Alexander Dick (10.03.2009)