Kritik in Kürze
Unmittelbar präsent, ja zwingend setzt Brahms’ d-Moll-Klavierkonzert in der Aufführung durch die Camerata academica Freiburg ein. Das Jung und Alt vereinende Laienorchester versprüht, unter der schwungvollen Leitung von Manuel Nawri, Elan und Spielfreude. Der Anschlag des Solisten Michael Poliatskin erfreut mit Grandezza, die Oktavläufe, wiewohl zunächst noch mit Pedal eingedickt, sind passgenau auf das Orchester abgestimmt, dem die Übergänge jedoch nicht immer organisch gelingen. Sein Klang ist transparent, die Klangfarben mehr voneinander abgehoben als dass sie sich mischten. Die Tutti entfalten einige Wucht im Ebneter Theodor-Egel-Saal, schön herausgearbeitet sind die espressivo-Schattierungen des Adagios. Spätestens im fulminant abschließenden Rondo hat der Pianist seinen Hang zum Schwerblütigen abgelegt, die virtuos rauschenden Aufschwünge meistert er mit leichter Hand. Sein zurückhaltendes Auftreten steht in reizvollem Kontrast zu seiner fesselnden Darbietung.
Die Streicher sind umtriebig, das Blech, namentlich das Horn, überzeugt auch in Schumanns Vierter Sinfonie mit makelloser Intonation und einem tragfähigen Klang. Das Orchester braust zumal in der Stretta des Finales mächtig auf und kostet die irritierenden Akkorde, die wie Stoppschilder im musikalischen Verlauf wirken, genüsslich aus. Der formalen Geschlossenheit der Sinfonie wird die umjubelte Interpretation der Camerata gerecht: mit einem weiten Spannungsbogen, der die Sätze verbindet und die glühende Verve dieser Musik unverkrampft einfängt.
Dennis Roth (30.03.2010)